Der 47-Jährige wuchs mit Deutsch als Muttersprache und mit der erzgebirgischen Mundart auf. Tschechisch lernte er in der Schule. Der eine Großvater war Stierhalter in Preßnitz - in der Kreisstadt, deren Reste 1974 in einem Stausee versanken, der andere Kutscher in Schmiedeberg. Beide wurden von den Tschechen für unverzichtbare Arbeitskräfte gehalten. Peter Franks Mutter musste Zwangsarbeit auf einem Bauernhof in Preßnitz leisten. Er hat von Erschießungen in den Nachkriegswirren gehört. Weil er als Leiter des Luftschlachtmuseums nach alten Flugzeugteilen gräbt, weiß er: "Die Gräber sind im Wald, aber man soll das ruhen lassen."
Die "wilden Vertreibungen" in Schmiedeberg begannen in der ersten Junihälfte 1945- organisiert von tschechoslowakischer Armee und Revolutionsgarden, mit Unterstützung der Roten Armee. "Der örtliche Militärkommandant unterschrieb ein Ausweisungsdekret, das den Deutschen am Abend vor der Abschiebung übergeben wurde", berichtet der Heimatforscher Jaroslav Kloub. Wieviele Menschen aus Schmiedeberg vertrieben wurden, sei nicht bekannt. "Es gibt keine Statistiken", sagt Kloub.
Feinste Liköre: Karl Schröter und Sohn inserierten in der Ortschronik 1923.
Feinste Liköre: Karl Schröter und Sohn inserierten in der Ortschronik 1923.
Wer blieb, musste eine weiße Armbinde tragen, durfte weder auf dem Bürgersteig laufen noch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Helmut Kreißl hat das erlebt. Weihnachten 1945 verließ er als 14-Jähriger mit seiner Familie das Haus in Schmiedeberg. "Wir sind bei Nacht und Nebel fort, zu Angehörigen nach Mildenau", berichtet der 84-Jährige, der heute in Annaberg lebt. Seine Familie habe in der Heimat keine Perspektive gesehen. Kreißl ist von der DDR geprägt, wo die Vertreibung lange ein Tabu war. Für ihn ist sie auch heute eine unmittelbare Folge von 1938. Er kramt ein Foto heraus, das den Einmarsch der Wehrmacht in Schmiedeberg zeigt, und sagt: "Erst als die Nazis kamen, war der Hass da."
Helmut Kreißl kommt heute oft in seinen Heimatort. Seit Jahren engagiert er sich für das Behindertenheim in Kovarska. Und er erinnert an das Schicksal jüdischer Häftlinge, die auf einem Todesmarsch im April 1945 durch den Ort kamen und von der SS ermordet wurden. Ihre 49 Gräber befinden sich heute in einer Gedenkstätte auf dem Friedhof.
Vertriebene in Westdeutschland, wie die Nachkommen der Familie Elster, bringen sich auf andere Weise ein. Sie halfen bei der Sanierung der Kirche, stifteten die Glocken. Jedes Jahr organisieren sie aus Hessen eine Heimatfahrt. In ihren Berichten im Heimatblatt "Mei Erzgebirg" schwingt mehr Nostalgie mit.